Kurzsichtigkeit

ist eine ernstzunehmende Krankheit.

1000 EURO zahlt TESLA für jeden Mitarbeiter, der wenig im Krankenstand ist.

Wie das Handelsblatt berichtet, will der der US-Elektroautohersteller Tesla Angestellten im deutschen Werk in Grünheide künftig einen Bonus für wenige Krankenstände bezahlen (https://lnkd.in/dWFa2XNX).

Die Teilnahme soll freiwillig sein. Wer mitmacht, könne über möglichst lange Anwesenheitszyklen „unterschiedliche Status“ erreichen. An jeden Status sei am Ende des Jahres ein Anwesenheitsbonus geknüpft. Wer den Gold-Status (Krankenstandstage <5% der Arbeitszeit) erreicht, bekommt laut Werksleitung 1000 Euro Prämie. Bei Tesla werden Krankenstände weit über dem industriellen Durchschnitt beklagt und man habe – Zitat: „keine Lust mehr zuzusehen bei Leuten, die krankfeiern“. Die Betriebsratsvorsitzende Michaela Schmitz sprach von einem „tollen Baustein“ in Sachen Wertschätzung.

So weit so schlecht. So kurzsichtig.

Krankenstandsprämien sind weiß Gott nichts Neues. Deren Wirkung auch. Ich prognostiziere folgende öffentlich wahrnehmbare Auswirkungen:

📍 Die Krankenstände werden sinken.

📍 Das Projekt wird sich als Erfolg herausstellen und flächendeckend eingesetzt werden.

Zusätzlich wird es aber folgende Auswirkungen geben, die wahrscheinlich in keinen Berichten oder Statistiken auftauchen werden:

❗Eine messbare Häufigkeit von Krankenständen rund um die 5%-Grenze

❗Eine (leider nicht messbare) Steigerung von Präsentismusformen. (Krank zur Arbeit erscheinen)

❗Eine höhere Fluktuation von allen nicht am Programm teilnehmenden Personen

❗Eine Stigmatisierung von „Nicht teilnehmenden Personen“

❗Eine Erhöhung von Krankenständen unmittelbar nach dem Auszahlungszeitpunkt

❗Eine „NICHT-Teilnahme“ von allen chronisch kranken MA und alleinerziehenden Müttern

❗Das Betriebsklima wird sich nicht zum Positiven verbessern. Krankenstandsprämien; sorry Anwesenheitsprämien sind ein Misstrauenssignal an die gesamte Belegschaft.

Fazit: Selbstverständlich lassen sich Krankenstände extrinsisch beeinflussen. Schlau ist es nicht – aber einfach und schnell wirksam. Vor allem müssen Führungskräfte dann ihrer Führungsarbeit nicht nachkommen (Sarkasmus Ende).

Arbeitsrechtlich sind sog. reine Anwesenheitsprämien (als Belohnung für keine bzw. geringe Abwesenheiten) übrigens unzulässig.

Arbeitnehmer:innen dürfen durch einen Krankenstand oder andere gerechtfertigte Dienstverhinderungen keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden – dies umgeht man hier allerdings „elegant“ mit der freiwilligen Teilnahme.

Fehlzeiten nachhaltig zu minimieren ist Aufgabe von Führungskräften – dazu müssen sie allerdings mehr können als Abwesenheiten zu berechnen und Geld auszuzahlen.

Habe ich schon erwähnt, dass ich mir nie einen Tesla kaufen werde?