Geht’s euch auch so schlecht?
Die letzten Wochen waren intensiv, mit vielen Übernachtungen in Seminarhotels – business as usual.
Doch fast überall bot sich ein besorgniserregendes Bild: leere Seminarräume, halbgefüllte Speisesäle – kein Vergleich zu früher. In Gesprächen mit Hotelbesitzern, oft alte Bekannte, höre ich immer dieselbe Frage: „Geht’s euch auch so schlecht? So viele Seminarabsagen hatten wir noch nie – die Firmen sparen wo es nur geht“.
Auch wir haben Absagen, oft sehr kurzfristig. Zugegeben, das ist selbst für mich neu, obwohl ich seit 25 Jahren in der Branche bin.
„Was tut ihr dagegen?“ fragte mich ein Hotelier kürzlich. Meine Antwort: Wir nutzen die Zeit, um noch besser, nachhaltiger und präziser zu werden als unsere Marktbegleiter. Krisenzeiten sind immer auch Erntezeiten. Wir arbeiten an neuen Projekten und Märkten. Doch der Hotelier wirkte bedrückt, ja fast verzweifelt – kein schönes Gespräch.
Schauplatzwechsel. Für ein Seminar in Baden bei Wien wurde uns ein Seminarraum für 500EUR/Tag plus 60 EUR pro Person für Pausenverpflegung offeriert – ohne Mittagessen! An einem anderen Ort dasselbe Spiel: 80 EUR für Pausenverpflegung und Mittagessen ohne Seminarraum. Auf meine Nachfrage zur Preiskalkulation bekam ich nur unbefriedigende, ausweichende Antworten.
Ich bin in bescheidenen Verhältnissen auf dem Land aufgewachsen. Demut, Dankbarkeit und Sparsamkeit sind mir im Leben und im Geschäft wichtig. Doch gerade läuft etwas gewaltig schief.
Wenn die Verpflegung und der Seminarraum für eine Seminargruppe fast mehr kostet als der Trainer selbst, frage ich mich, wo das Gleichgewicht geblieben ist. Unsere Branche erlebt gerade eine dramatische Reinigung. Viele Trainer und Coaches kämpfen ums Überleben. Ein deutscher Trainerkollege bat heute sogar öffentlich auf Facebook um Spenden, um seine Rechnungen bezahlen zu können – das macht mich betroffen.
Und dann landet eine neue Bewerbung in meinem Postfach: Ein Trainer, der endlich seinen Traum von der Selbstständigkeit verwirklichen will…