Nonsens und führungstechnisch falsch:
„BRAVO geben“ und loben auf LinkedIn
Wenn persönlich auf einmal nicht mehr genügt..
Seit einiger Zeit beobachten wir auf LinkedIn den Trend, Mitarbeiter:innen öffentlich in Form eines Postings zu loben. LinkedIn nennt es „Bravo geben“ (sic!). Dort kann der „Bravo-Gebende“ aus den Kategorien von „Super Job“ über „Inspirierender Führungsstil“ bis hin zu „Tolle Präsentation“ wählen und so den „Bravo-Empfangenden“ vor den virtuellen Vorhang holen.
So weit, so schlecht, so führungstechnisch falsch.
sollte zumindest klar sein, was genau man der Welt präsentiert.
Unterscheiden wir mal die drei Begriffe, die unter dem Mantel der Wertschätzung gerne gebraucht werden: Das Kompliment, das Lob und die positive Rückmeldung. Klingt jetzt alles positiv – doch sie verfolgen unterschiedliche Ziele.
1.) Das Kompliment ist eine Entlehnung vom frz. Compliment was soviel wie „Höflichkeitsbezeigung, höfliches Anerbieten, Schmeichelei“ bedeutet. Denken Sie beispielsweise an die Situation, als Sie das erste Mal bei den Eltern Ihrer neuen Bekanntschaft eingeladen waren und einen Kuchen serviert bekommen haben. Na, was haben Sie gesagt? Dass der Kuchen ok ist? Oder haben Sie geschwärmt und womöglich gleich nach der himmlischen Rezeptur gefragt?
Das Kompliment können Sie gerne im privaten Umfeld nutzen, es zielt darauf ab, dass der jeweils andere sich gut fühlt. Schmeicheln im Führungskontext wirkt – im höflichsten Sinne gesagt – ein wenig eigenartig.
2.) Das Lob hat seine Wortherkunft im althochdeutschen Verb lobôn (= loben, preisen, verherrlichen, empfehlen, jubeln). Lob ist ok – und gleichzeitig betont Lob stets (!) die Hierarchie. Lob geht immer von „oben“ nach „unten“. BRAVO geben geht von oben nach unten. Oder geben Sie Ihrem Vorgesetzten oder Ihren CEO auf LinkedIn etwa auch ungefragt ein „BRAVO für die tolle Präsentation“ und holen sie oder ihn vor den virtuellen Vorhang? Wenn ja – wie können Sie eine Missinterpretation ausschließen? Im öffentlichen Bravo geben an einzelne Mitarbeiter:innen lauert noch eine weitere Gefahr: wie können Sie gewährleisten, dass sich auch die anderen Kolleg:innen von Ihnen wertgeschätzt fühlen?
Wir empfehlen: Hände weg davon, wenn Sie keinen sozialen Flächenbrand im Team haben wollen. Ja, der glimmert auch unausgesprochen…
3.) Die positive Rückmeldung erfolgt ausnahmslos face to face. Verbal in einem Gespräch. So wie früher, wie man es so ausdrücken darf. Sagen Sie nicht einfach „Gut gemacht“, sondern nennen Sie dem Gegenüber konkret was Sie gut gefunden haben, welche Auswirkungen das gezeigte Verhalten hatte, welches Gefühl es bei Ihnen ausgelöst hat und welche Einzelheiten Ihnen aufgefallen sind.
Schließen Sie stets mit einem Danke und entkoppeln Sie dieses Rückmelden von jeder Vereinbarung, Forderung etc. Dauert vielleicht 30 Sekunden – gut investierte 30 Sekunden. Signal vermittelt, Transparenz über die eigenen Motive geschaffen, und die Reaktion wie es aufgenommen wurde, wurde bemerkt – alles gut.